Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 23.10.2007
Aktenzeichen: 27 U 66/07
Rechtsgebiete: InsO, BGB


Vorschriften:

InsO § 8
InsO § 30
InsO § 60
BGB § 254
1. Zur Frage, ob die dem Insolvenzverwalter übertragene Pflicht, die Zustellungen nach § 30 InsO durchzuführen, insolvenzspezifischer Natur ist und deren Verletzung deshalb die Haftungsfolgen des § 60 InsO auslöst.

2. Hat ein Insolvenzgläubiger, der schon vom Eröffnungsantrag Kenntnis hatte, auf anderem Wege als durch Einzelzustellung (hier: durch Schriftverkehr, der eine im Grundbuch eingetragene Sicherungshypothek des Gläubigers betraf) Kenntnis von Umständen erhalten, die auf die Verfahrenseröffnung schließen lassen, sich auch danach für lange Zeit nicht um den Fortgang des Verfahrens gekümmert und deshalb die Anmeldung seiner Forderung im Verfahren unterlassen, so kann die etwaige Pflichtverletzung unterlassener Einzelzustellung hinter dem Mitverschulden des Insolvenzgläubigers völlig zurücktreten.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 9. März 2007 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Treuhänder im Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Zahnarztes M auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Schuldner war gemeinsam mit seiner Ehefrau Eigentümer eines Grundstücks in C, das erstrangig mit Grundschulden der E Bank belastet war. Die Klägerin, die über eine titulierte Forderung gegen den Schuldner in Höhe von 222.565,- DM verfügt, betrieb seit Ende 2000 die Zwangsvollstreckung in dieses Grundstück und erwarb eine Sicherungshypothek. Nachdem der Schuldner am 14.05.2001 Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hatte, untersagte das Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss vom 05.06.2001 vorläufig zur Sicherung der Insolvenzmasse weitere Maßnahmen der Zwangsvollstreckung. Auf eine Anfrage des Amtsgerichts vom gleichen Tage hin lehnten die erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin den vorgeschlagenen Schuldenbereinigungsplan für ihre Mandantin ab.

Das Amtsgericht bestellte den Beklagten mit Beschluss vom 01.08.2001 zum Treuhänder im Verbraucherinsolvenzverfahren und beauftragte ihn damit, den Eröffnungsbeschluss gem. §§ 30 Abs. 2, 8 Abs. 3 InsO den Gläubigern und dem Schuldner zuzustellen. Eine Einzelzustellung des Eröffnungsbeschlusses an die Klägerin ist allerdings unterblieben.

Der Beklagte bemühte sich in der Folgezeit darum, das o.g. Grundstück in C zu verwerten und dazu die nachrangige Sicherungshypothek der Klägerin gegen eine sog. "Lästigkeitsprämie" abzulösen. Die E Bank teilte dem Notar E aus N mit Schreiben vom 09.11.2001 mit, dass ihre erstrangige Grundschuld noch in voller Höhe valutiere, und ermächtigte ihn, diese Information an die nachrangig im Grundbuch eingetragene Gläubigerin bzw. deren Rechtsvertreter weiterzugeben, sofern ihm die Zustimmung von Herrn Rechtsanwalt X als Insolvenzverwalter für die Eigentümer vorliege. Der Notar E leitete dieses Schreiben unter dem 13.11.2001 an die von der Klägerin bevollmächtigten Anwälte weiter und bat darum, die Löschungsbewilligung, nachdem die gewünschte Erklärung der E Bank nun vorliege, kurzfristig zu übersenden. Dem kam die Klägerin nach und stimmte der Löschung ihrer Sicherungshypothek gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 10.000,- DM zu.

Die Klägerin stellte durch Einsichtnahme ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten in die Insolvenzakte am 07.07.2006 fest, dass das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet war. Sie hat die Feststellung begehrt, dass der Beklagte ihr dem Grunde nach zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der daraus entstanden ist und künftig entstehen wird, dass er sie entgegen § 30 Abs. 2 InsO nicht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterrichtet hat.

Der Beklagte hat sich damit verteidigt, dass die Nichtberücksichtigung der Klägerin in der Empfängerliste der Zustellungsbescheinigungen nicht ohne weiteres bedeute, dass sie tatsächlich nicht als Gläubigerin über die Verfahrenseröffnung informiert worden sei. Er schreibe nämlich grundsätzlich Gläubiger, die anfangs nicht benachrichtigt worden seien, noch gesondert an, ohne dass darüber ein separater Zustellungsnachweis an das Gericht ergehe. Eine unterstellte Nichtzustellung werde aber ohnehin durch die öffentliche Bekanntmachung nach § 30 Abs. 1 InsO geheilt. Letztlich habe die Klägerin im Zusammenhang mit der Löschungsbewilligung hinsichtlich der Sicherungshypothek auch Kenntnis von der Verfahrenseröffnung erlangt oder eine solche Kenntnis jedenfalls erlangen müssen.

Der Einzelrichter der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld hat die Klage abgewiesen. Ob eine kausale und schuldhafte Pflichtverletzung vorliege, könne dahin stehen. Ein Anspruch der Klägerin scheitere nämlich zumindest daran, dass ihnen ein weit überwiegendes Mitverschulden anzulasten sei. Sie habe sich, nachdem sie den Schuldenbereinigungsplan abgelehnt habe, selbst über den Fortgang des Verfahrens informieren können. Zudem habe sie die Verfahrenseröffnung im Rahmen des Schriftverkehrs über die am Grundstück des Schuldners bestehende Sicherungshypothek zur Kenntnis nehmen müssen.

Die Klägerin verfolgt ihren erstinstanzlichen Antrag mit der Berufung weiter. Eine schuldhafte Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten liege vor. Die öffentliche Bekanntmachung könne die Zustellung zwar fingieren, den Beklagten aber nicht exkulpieren. Für sie habe demgegenüber keine Verpflichtung bestanden, sich über den Sachstand zu informieren. Ein möglicher eigener Sorgfaltsverstoß sei zumindest nicht so gravierend, dass die Einstandspflicht des Beklagten vollständig dahinter zurücktreten könne. Nachdem ihren Interessenvertretern im Insolvenzeröffnungsverfahren alle Beschlüsse und Unterlagen zugestellt worden seien, hätte sie vielmehr darauf vertrauen dürfen, auch im Hinblick auf die Eröffnung des Verfahrens informiert zu werden. Aus dem Schreiben der E Bank vom 09.11.2001 die Kenntnis vom eröffneten Verfahren ableiten zu wollen, gehe zu weit.

Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil. Es fehle bereits an einer die persönliche Haftung des Verwalters auslösenden und für den Schaden kausalen Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten, weil der behauptete Zustellungsmangel durch die öffentliche Zustellung ersetzt und geheilt worden sei. Jedenfalls habe das Landgericht zutreffend ein weit überwiegendes Mitverschulden der Klägerin festgestellt.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage aus zutreffenden Gründen abgewiesen.

1)

Die Gesellschafter der Klägerin haben deren Ansprüche zunächst im eigenen Namen geltend gemacht. Seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29.01.2001 (BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056) ist jedoch anerkannt, dass die teilrechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst materiell Rechtsinhaberin und damit "richtige" Partei des Rechtsstreits ist. Die danach "falsche" Parteibezeichnung führt allerdings nicht zu einer Klageabweisung mangels Aktivlegitimation. Insoweit war lediglich das Rubrum dahin zu berichtigen, dass nicht die Gesellschafter, sondern die GbR selbst Klägerin ist (vgl. BGH NZG 2006, 16 = NJW-RR 2006, 42 = NZM 2005, 942).

2)

Der Klägerin steht im Ergebnis kein Schadensersatzanspruch aus §§ 313 Abs. 1 S. 3, 60 Abs. 1 InsO zu.

a)

Der Senat neigt allerdings dazu, eine schuldhafte und kausale Pflichtverletzung des Beklagten im Sinne dieser Vorschriften anzunehmen.

Die Durchführung der ihm nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungen gehört zu den Dienstpflichten des Treuhänders (Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 8, Rn. 16; HK/Kirchhof, § 8, Rn. 12). Diese Verpflichtung entfällt nicht durch den Umstand, dass der Lauf der Beschwerdefrist ohnehin bereits durch die öffentliche Bekanntmachung nach § 30 Abs. 1 InsO in Gang gesetzt wird (Müko/Schmahl, InsO, 2. Aufl., § 30, Rn. 11; Uhlenbruck/Uhlenbruck, a.a.O., § 9, Rn. 5). Die Missachtung des Gebots besonderer Zustellung bleibt vielmehr trotz der daneben durch die öffentliche Bekanntmachung nachgewiesenen Zustellung pflichtwidrig (Müko/Schmahl, a.a.O., § 8, Rn. 9). Denn die Publizitätswirkung der öffentlichen Bekanntmachung nach §§ 30 Abs. 1, 9 Abs. 3 InsO kann nicht mit der positiven Kenntnisnahme gleichgesetzt werden. Sie begründet lediglich eine entsprechende Vermutung, deren Wirkungen auf das "eigentliche Insolvenzverfahren" beschränkt sind (vgl. HK/Kirchhof, a.a.O., § 9, Rn. 10; Müko/Ganter, a.a.O, § 9, Rn. 28a). Dass Mängel der Einzelzustellung nach § 9 Abs. 3 InsO "rechtlich bedeutungslos" werden (vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 8, Rn. 16; § 9, Rn. 5; Müko/Ganter, a.a.O., § 8, Rn. 38a; HK/Kirchhof, § 9, Rn. 9), gilt deshalb nicht in dieser Allgemeinheit, sondern nur in Bezug auf die Durchführung des Insolvenzverfahrens selbst.

Die Einzelzustellung nach § 30 Abs. 2 InsO dient dazu, die Verfahrensbeteiligten, insbesondere auch die bereits bekannten Gläubiger, über den Eröffnungsbeschluss zu unterrichten (Uhlenbruck/Uhlenbruck, a.a.O., § 30, Rn. 4). Ihr Zweck erschöpft sich nicht darin, den Nachweis einer früheren Zustellung an einzelne Beteiligte zu ermöglichen (vgl. dazu BGH NZI 2004, 341 in Abweichung von der Rechtsprechung zur KO). Darüber hinaus wird vielmehr im Interesse der Beteiligten eine Amtspflicht begründet, die allein aufgrund der Publizitätswirkung der öffentlichen Bekanntmachung nicht entfällt (s.o.; vgl. auch Jaeger/Gerhardt, InsO, § 9, Rn. 8). Es spricht daher viel dafür, im Versäumnis der Einzelzustellung nach § 30 Abs. 2 InsO die Verletzung einer insolvenzspezifischen, in den Schutzbereich der Norm fallenden und drittschützenden Pflicht des Insolvenzverwalters oder Treuhänders zu sehen. Das Erfordernis des Drittschutzes leitet der Senat dabei daraus ab, dass bei Pflichtverletzungen im Bereich des § 30 Abs. 2 InsO an sich nur eine Staatshaftung nach Maßgabe von § 839 BGB, Art. 34 GG in Betracht käme (vgl. Jaeger/Gerhardt, InsO, § 9, Rn. 8). Der Umstand, dass die staatliche Verpflichtung, wie vorliegend, nach § 8 Abs. 3 InsO übertragen wurde, kann den Kreis der bei einer Pflichtverletzung Ersatzberechtigten aber nicht erweitern.

b)

Im zu entscheidenden Fall müssen die vorgenannten Fragen nicht abschließend entschieden werden. Eine Schadensersatzverpflichtung des Beklagten scheidet, wie das Landgericht zutreffend herausgearbeitet hat, vorliegend aus, weil das Mitverschulden der Klägerin jedenfalls derart überwiegt, dass eine unterstellte schuldhafte Verletzung einer insolvenzspezifischen und drittschützenden Pflicht des Beklagten vollständig dahinter zurücktritt.

Die Schadensersatzpflicht des Verwalters nach § 60 InsO kann nach § 254 BGB infolge Mitverschuldens des Geschädigten gemindert sein oder ganz entfallen (allg. M.; vgl. nur Müko/Brandes, a.a.O., §§ 60, 61, Rn. 95 m.w.N.). Die Annahme eines weit überwiegenden Mitverschuldens der Klägerin folgt vorliegend aus zwei Gesichtspunkten:

(1) Ein Mitverschulden des Gläubigers in Bezug auf die unterlassene Forderungsanmeldung ist in einer Konstellation wie der vorliegenden bereits darin zu erblicken, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens öffentlich bekannt gemacht worden ist und der Gläubiger dies nicht zur Kenntnis genommen hat. Von einem seine Obliegenheiten sorgfältig wahrnehmenden Gläubiger kann grundsätzlich erwartet werden, dass er von der öffentlichen Bekanntmachung nach § 30 Abs. 1 InsO Kenntnis erlangt (Müko/Ganter, a.a.O., § 9, Rn. 26). Das Gesetz setzt die Rechtsmittelfristen deshalb bereits mit diesem Zeitpunkt in Lauf; das Fehlen oder Mängel einer nach der InsO gleichzeitig gebotenen Einzelzustellung werden geheilt (§ 9 Abs. 3 InsO). Dieser Wertung ist zu entnehmen, dass den Gläubiger jedenfalls dann, wenn - wie hier - Anlass dazu bestand, die Obliegenheit trifft, sich über die öffentliche Bekanntmachung Kenntnis von der Verfahrenseröffnung zu verschaffen. Ein Gläubiger, der diese Gelegenheit zur Kenntnisnahme nicht wahrnimmt, muss sich ein mitwirkendes Verschulden anrechnen lassen.

Der Senat verkennt nicht, dass sich die Sorgfaltsanforderungen zunächst verringern können, wenn ein Gläubiger dem Insolvenzgericht bekannt und auch schon zur Stellungnahme zum Schuldenbereinigungsplan aufgefordert worden ist. Denn dann darf er grundsätzlich erwarten, nach § 30 Abs. 2 InsO auch persönlich über die Verfahrenseröffnung unterrichtet zu werden. Das kann allerdings nach Ablauf eines erheblichen Zeitraumes, in dem keinerlei Informationen mehr erfolgt sind, nicht uneingeschränkt fortgelten. Der Gläubiger kann dann nicht ohne weiteres von einem "Stillstand" des Insolvenzeröffnungsverfahrens ausgehen. Er muss in Betracht ziehen, dass das Verfahren bereits eröffnet und der Eröffnungsbeschluss ihm wirksam nach § 9 Abs. 3 InsO zugestellt worden ist. Zu daran anknüpfenden Erkundigungen hatte die Klägerin - vor der ersten Ausschüttung an die Gläubiger ca. 2 Jahre Zeit. Die jahrelange Untätigkeit des Gläubigers führt im Allgemeinen schon für sich genommen zu einem Mitverschulden (vgl. BGH NJW 1985, 2482). Im hier zu beurteilenden Zusammenhang kann der Gläubiger, der mit der nahe liegenden Verfahreneröffnung rechnen muss, nicht seinerseits jahrelang im Vertrauen darauf abwarten, einen durch die Nichtanmeldung seiner Forderung eintretenden eventuellen Schaden, solange er nicht gem. §§ 30 Abs. 2, 8 Abs. 3 InsO persönlich benachrichtigt worden ist, jedenfalls im Nachhinein beim Insolvenzverwalter oder Treuhänder liquidieren zu können.

(2) Hinzu kommt vorliegend der Umstand, das sich die Klägerin im Zusammenhang mit dem Schriftverkehr über die abzulösende Sicherungshypothek zumindest grob fahrlässig der Erkenntnis verschloss, dass das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Treuhänder bestellt wurde. Ohne diese eigene Sorgfaltspflichtverletzung hätte sie nach einer Forderungsanmeldung vollumfänglich an der Verteilung der Masse teilhaben können. Wie sich aus dem vorgelegten Schriftverkehr mittelbar ergibt, hatte die Klägerin eine Erklärung der Inhaberin des erstrangigen Grundpfandrechts, der E Bank, dazu gefordert, dass deren gesicherte Forderung noch in einem Umfang valutiert, der die eigene Sicherungshypothek nahezu vollständig entwertet. Das bestätigte die Bank im den Bevollmächtigten der Klägerin als Anlage übersandten Schreiben vom 09.11.2001. Daraus ergab sich, dass die "Zustimmung von Rechtsanwalt X als Insolvenzverwalter für die Eigentümer" vorlag. Die Eigentümer waren im Betreff ausdrücklich aufgeführt. Dem war ohne weiteres zu entnehmen, dass das Verfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter (Treuhänder) bestellt worden war. Dass es sich dabei nicht um eine rechtsverbindliche Mitteilung des Insolvenzgerichts handelte, ändert nichts daran, dass die Bevollmächtigten der Klägerin damit Kenntnis von der - nach dem Eigenantrag des Schuldners und der Ablehnung des Schuldenbereinigungsplans ohnehin nahe liegenden Verfahrenseröffnung hätten erlangen können und müssen. Ihr Verschulden ist der Klägerin nach dem allgemeinen Grundsatz, dass man sich das Verschulden des eigenen Anwalts, den man zur Wahrnehmung seiner Interessen eingesetzt hat, aber auch speziell gemäß §§ 4 InsO, 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen (zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift vgl. Müko/Ganter, a.a.O., § 4, Rn. 52; OLG Celle, Beschl. v. 18.03.2005, 16 W 13/05, BeckRS 2005 30353234).

In der Gesamtschau keine Kenntnisnahme von der öffentlichen Bekanntmachung, eigene lang andauernde Untätigkeit und Mitteilung der Verfahrenseröffnung auf anderem Wege - müsste eine unterstellte Pflichtverletzung des Beklagten in Bezug auf § 30 Abs. 2 InsO gemäß § 254 Abs. 1 BGB vollständig hinter den Verursachungsbeiträgen der Klägerin zurück treten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO ist nicht veranlasst. Der Rechtsstreit erfordert keine Entscheidung einer grundsätzlich klärungsbedürftigen Frage im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Denn die Beantwortung der Rechtsfrage, ob die Verletzung des § 30 Abs. 2 InsO eine Schadensersatzhaftung des Insolvenzverwalters oder Treuhänders aus § 60 Abs. 1 InsO auslösen kann, trägt die Entscheidung im Ergebnis nicht.

Ende der Entscheidung

Zurück